Textatelier
BLOG vom: 28.04.2006

Dank an CVP-Bundesrat Joseph Deiss – für seinen Abgang

Autor: Walter Hess
 
Der nette Schweizer Bundesrat Joseph Deiss (CVP, Christlichdemokratische Volkspartei) hat genug. Wir schon seit langem. Er reichte angeblich überraschend seinen Rücktritt auf den 31. Juli 2006 ein. Und dafür danke ich ihm.
 
7 Jahre hat der perfekt zweisprachige Deiss, der aus dem Kanton Freiburg stammt, im aargauischen Zeihen heimatberechtigt ist und früher Wirtschaftsprofessor war, mit schwacher Hand als Nachfolger von Flavio Cotti im Bundeshaus in Bern herumfunktioniert, seit 2003 im Volkswirtschaftsdepartement (EVD). Er war anpasserisch an die sich globalisierende Welt, sonst aber konzept- und glücklicherweise glücklos, wegen seines fehlenden Durchsetzungsvermögens. Der frischere Diskussionsstil innerhalb der Landesregierung (Bundesrat) behagte ihm als Konsenspolitiker nicht: Absprachen, ein Geben und Nehmen wären ihm lieber als hemdsärmelige Hosenlüpfe; er wollte Konkordanz und Kollegialität. Und war für das Vollziehen der Vorgaben des Staatssekretariats für Wirtschaft. Stattdessen braucht es profilierte Köpfe, starke Persönlichkeiten, die auch einmal für ihre Überzeugungen kämpfen, sich in der Verwaltung durchsetzen und die Landesinteressen und nicht jene der EU und der USA wahrnehmen.
 
Deiss ist ein willfähriger Globalisierer, dem die Erhaltung der mittleren und kleinen Landwirtschaftsbetriebe nichts galt und die er der Zerstörung preisgab; er vertrat die Interessen der grossen Agrarexporteure und hätte am liebsten alles auf Genprodukte umgestellt. Er umwarb den Biotechnologiekonzern Amgen, welcher, die Raumplanung aushebelnd, sich im Grünen des Berner Seelands niederlassen wollte. Auch die Freihandelsabkommen mit der EU und den USA wollte er dem Schweizervolk zumuten. Er steht (zusammen mit Bundesrätin Micheline Calmy-Rey) auch hinter dem Kohäsions-Milliardengeschenk als Aufbauhilfe an die neuen EU-Staaten. Deiss als Vertreter der Links-Mitte-Mehrheit wollte die Schweiz in die EU führen und verkaufen. Beim beabsichtigten Pitbull-Verbot liess sich Deiss von der „Blick“-Kampagne einspannen und scheiterte gleich; es kann doch keine rassespezifischen Massnahmen geben. Statt Hunde müssen Hundehalter in Pflicht genommen werden.
 
Bei diesem mainstreamigen Vorgehen bewährte sich das Schweizer Politsystem wieder einmal recht gut: Es bremste ab. Nur gerade der Einzug der Schweiz in die Uno (2002) liess sich während der Deiss-Jahre leider nicht verhindern. Es bleibt halt doch immer wieder etwas hängen, so dass man langsam aber sicher auf den Hund kommt.
 
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